München, 04.11.2003 Die einzig wahre Stimme von Pumuckl ist und bleibt
Hans Clarin - dies dürfte unter Fans der liebevollen Geschichten aus der
kleinen Münchner Werkstatt unbestritten sein. Wer aber im Hörspiel den
wahren Meister Eder verkörpert, darüber sind die Gemüter geschiedener
Meinung. Je nachdem, mit welcher Hörspielfassung der Pumuckl-Geschichten
man aufgewachsen ist, wird man entweder Gustl Bayrhammer oder Alfred
Pongratz untrennbar mit dem Schreinermeister Eder verbinden.
Ihr Stimmen klingen zwar nicht grundlegend verschieden, aber in der
Sprechweise dieser leider schon verstorbenen Schauspielkollegen finden
sich deutliche Unterschiede: Gustl Bayrhammer intonisiert den
Schreinermeister Eder viel ruppiger, strenger und aufbrausender; bei
Alfred Pongratz hingegen klingt selbst eine gehörige Standpauke sanfter
und beinahe resigniert, wie als wüßte dieser Meister Eder, daß bei einem
Kobold alle Erziehungsversuche letztendlich scheitern müssen.
Am beeindruckendsten war Alfred Pongratz als Meister Eder
in der allerersten
Hörspielfassung unter der Regie von Jan Alverdes, die der
Bayerische Rundfunk ab 1963 im Radioprogramm ausstrahlte. Im Gegensatz zur
späteren Hörspielbearbeitung durch Alexander Malachovsky, die im Laufe der
1970er Jahre bei EMI Electrola mit den Titelgrafiken von Barbara von
Johnson erschien, "grantelt" Alfred Pongratz in der Radiofassung des BR in
einem richtig schönen, breiten Bayrisch, wie man es in München heute nur
noch selten zu hören bekommt. Damit bleibt Pongratz als Stimme des Meister
Eders unübertroffen, auch wenn mit Gustl Bayrhammer
ein würdiger Nachfolger gefunden wurde. Der jüngere
Schauspielkollege übernahm nämlich nach Pongratz`
unerwartetem Tod 1977 die Rolle des Schreinermeisters, nachdem
er bereits in einigen Folgen einen befreundeten Handwerkskollegen
Eders gesprochen hatte (so z.B. in den Geschichten "Der große
Krach und seine Folgen", "Das Festessen" und "Die Mundharmonika"
als Mechaniker Schmitt (oder
Schmid*), der zum Freundeskreis Eders gehört und bei dem der
Pumuckl nach seinem Rausschmiß in der "große Krach" vorübergehend sein
Unwesen treibt). Noch in den letzten sechs Folgen der ersten Produktion von
EMI Electrola ist Bayrhammer zu hören, jedoch noch nicht
in der Sprecher-Qualität, die er bei der Neuauflage der Pumuckl-Hörspiele
ab 1982 erreicht hatte. Für mich bleibt Pongratz
einfach der "Meister" der Hörspiele und Bayrhammer
der Eder aus der Verfilmung unter der Regie von Ulrich König.
In
der Münchner Maxvorstadt geboren, gehörte Alfred Pongratz,
nachdem er bereits in den Zwanziger Jahren des vergangenen Jahrhunderts
seinen eigentlichen Beruf auf Zuraten Karl Valentins gegen die
Berufung der Schauspielerei eingetauscht hatte, zum erlesenen
Kreis von bayerischen Volksschauspielern, die nicht durch derbe
Schwänke und Musikantenstadl- Inszenierungen von sich reden machten, sondern Theaterunterhaltung
auf hohem Niveau für ein breites Publikum zu bieten hatten. Über
das Leben und Schaffen Alfred Pongratz` ist heute nicht mehr
viel bekannt; auch ist es schwer, Informationen über ihn zu bekommen, geschweige denn, Bilder
zu finden, die der ersten Stimme des Meister Eders ein Gesicht
geben können.
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Das Wenige, das die Hörspielhelden
mit Hilfe des Bayerischen Rundfunks, des Bayerischen Staatsschauspiels,
durch eigene Recherchen und durch die Hilfe von Volker Schubert,
der uns freundlicherweise umfangreiches Material zur Veröffentlichung
zur Verfügung stellte, in Erfahrung
bringen konnten, stellen wir hier exklusiv zu einem kleinen
Alfred - Pongratz - Special zusammen:
Alfred Pongratz starb
Anfang Oktober 1977 im Alter von 77 Jahren bei den Dreharbeiten
zu der Fernseh-Serie "Die Schönheitsgalerie"
an einem Herzinfarkt. Aus diesem Grund übernahm auch Gustl
Bayrhammer ab Folge 34 ("Pumuckls Rache / Die Briefmarken")
der ersten Auflage die Sprecherrolle des Meister Eders. Nach
unserem Kenntnisstand hat Alfred Pongratz neben dieser Rolle
keine weiteren Kinderhörspiele gesprochen, aber als Alois
in der Hörspielserie "Familie Brandl" erlangte
er eine hohe Popularität**; außerdem ist er in einer
Hörspielfassung des berühmten bayersichen Volksstück
"Der Brandner Kasper" von 1954 zu hören.
Später sollte Pongratz in der Rolle des Pfarrers wieder
im "Brandner Kasper" mitspielen - und zwar 1975 in
der bekannten Inszenierung am Münchner Residenztheater
(mit Fritz Straßner als Brandner Kasper unter der Regie
von Kurt Wilhelm);
dort wirkte er auch 1976 bei einem Liederabend mit dem Titel
"Greife wacker nach der Sünde" mit. Seit den
1950er Jahren war Pongratz auch in vielen Unterhaltungsfilmen
im Kino und in bayerischen Schwänken auf der Bühne
und im TV zu sehen - (zur filmischen
Biographie von Alfred Pongratz,
zusammengestellt von den Hörspielhelden). Sogar für eine der
ersten Folgen (Folge 10) von Aktenzeichen XY hat Pongratz mitgewirkt
- in welcher Rolle konnte leider nicht verifiziert werden, es
erscheint uns jedoch unwahrscheinlich, daß der bayerische
Volksschauspieler einen Verbrecher gespielt hat.
Alfred Pongratz - Kurzabriß
zu Leben & Werk mit
Zeitungsnachrufen
zum Tod des Schauspielers
zusammengestellt
von Volker Schubert
Erläuterungen *
Unklare Angaben zu den Sprecherrollen auf den Plattencovern:
In der Folge "Der große Krach" heißt der
Mechaniker "Schmitt", in "Das Festessen"
hingegen "Schmid"
** Über
die Hörspiel-Serie "Familie Brandl" konnten wir
leider noch nichts in Erfahrung bringen; selbst das 1999 erschiene
Hörspiel-Gesamtverzeichnis des Bayerischen Rundfunks erwähnt
diese Serie nicht (Herbert Kapfer (Hrsg.): Vom Sendespiel zur
Medienkunst. Die Geschichte des Hörspiels im Bayerischen
Rundfunk. Das Gesamtverziechnis der Hörspielproduktion
des Bayerischen Rundfunks 1949-1999, München 1999).
Michael
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