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Es herrschte ein Starrummel wie bei den Großen,
als drei Jungen und ein Mädchen am vorletzten Sonntag über den roten
Teppich vor dem MaxX Filmpalast in München schritten. „TKKG und die rätselhafte Mind-Machine“ ist nach dem bis dato einzigen Kinofilm aus dem Jahre 1992 („Das Drachenauge“) der erneute Versuch, Tim (Jannis Niewöhner), Karl (Jonathan Dümcke), Klößchen (Lukas Eichhammer) und Gaby (Svea Bein) visuell in Szene zu setzen. Und dabei sind die einstigen Profis in spe doch längst erwachsen.
Nur zwei Jahre, nachdem Autor Stefan Wolf 1979 die ersten fünf TKKG-Bücher auf der Frankfurter Buchmesse vorgestellt hat, veröffentlichte das Label EUROPA die Geschichten auf MC. Mehr als 150 Folgen der Krimiserie haben neben den „Kassettenkindern“ (Annette Bastian) von damals mittlerweile aber auch die Synchronsprecher durch die Adoleszenz geführt. Ein Grund also, der einem im Zweifelsfall zu schaffen machen könnte. Betrachten wir zum Beispiel die Rolle des Kommissars Glockner, der unseren vier Freunden wie jeher mit väterlichem Rat und kriminalistischem Gespür zur Seite steht, so mutet es irgendwie seltsam an, wenn diese ausgerechnet mit Schauspieler und „Rocksänger“ Jürgen Vogel (Hansen Band, „Keine Lieder über Liebe“) besetzt ist.
Vogel, der mit 38 immer noch den Charme eines WG bewohnenden Langzeitstudenten versprüht, wirkt unglaubwürdig als autoritär-erfahrender Ermittler, der den Nachwuchsdetektiven im Zweifelsfall unter die Arme greift. Zeitgleich macht sich an
dieser Stelle beim erwachsenen Zuschauer ein gewisses Unbehagen breit,
wenn es darum geht, die Figur als altersmäßiges Spiegelbild seiner
Selbst zu begreifen. Schließlich sieht und sah man sich in langen Zelt-
und ausgedehnten Hörspielnächten stets als Mitglied der Bande und die
Erwachsenen als notwendiges Übel. Apropos Genie: In der aktuellen Story dreht sich alles um die sog. „Mind-Machine“, mit der Kevin (Hauke Diekamp) den bundesweiten Wettbewerb „Jugend forscht“ gewonnen hat. Als er seine Erfindung vor der ganzen Schule präsentieren soll, flüchtet er nach einigen unverständlichen Sätzen spurlos von der Bühne. Was anfänglich wie reiner „Beziehungsstreß“ aussieht, entpuppt sich schnell als mysteriöser Fall für TKKG, bei dem es gilt, das Geheimnis des Biolehrers (Ulrich Noethen) ebenso wie das von drei verschwundenen Schülern zu klären. Im Gegensatz zur Hörspielserie sind Tim, Karl, Klößchen und Gaby optisch (als auch stimmlich) erfreulicherweise an ihren Ursprung zurückgekehrt, sind wieder liebenswert pubertierende Teenies, die sich mit erster Liebe, aber auch mit ersten Verlusten auseinandersetzen müssen. Alle vier Schauspieler machen ihre Sache hervorragend, wenn es darum geht, Seiten an den Figuren zu zeigen, die bislang meist im verborgenen blieben. Anders als Kevin hat bspw. Karl bislang noch keinen seiner ersehnten Erfinderpreise gewonnen, und das, obwohl Hund Oskar ein im Laufe der Handlung wegweisendes, von ihm kreiertes, Funk-Hundehalsband trägt.
Sogar Klößchen, der immer etwas schwerfällige Sproß eines reichen Schokoladen-Fabrikanten, läuft plötzlich zur geistigen Höchstform auf, nachdem er unfreiwillig in die berüchtigte Mind-Machine geraten ist. Diese sorgt, zumindest stundenweise, für optimierte Synapsen im Gehirn und damit für geistige Höhenflüge. Im Film wird dies durch das knifflige Enträtseln des Rubik’s Cube, besser bekannt als Zauberwürfel, symbolisiert. Während Karl Neid und Frust am Boom-Spielzeug der 80er Jahre ausläßt, knobelt Willi sich voller stolz im Turbotempo zum Würfelmeister. Damit stellt er unfreiwillig einen Vertreter der neuen Generation Mensch dar, der nach dem Willen der Bösewichter und Kontrahenten als Alpha-Männchen die Leistungsgesellschaft des 21. Jahrhunderts vorantreiben soll – der Mind-Machine sei’s gedankt. Bezeichnend ist, daß Karl-Darsteller Jonathan Dümcke den Rubik Kube bis dato allerdings gar nicht kannte und für die Rolle erst einmal üben mußte. Bemerkenswert ist weiter, daß selbst die Grande Dame der Hörspielwelt, Heikedine Körting, sich am roten Teppich des öfteren die Frage kleiner Fans gefallen lassen mußte: „Sind Sie bekannt?“ Körting, die unter dem Pseudonym „Pamela Punti“ zum Teil selbst in Produktionen von EUROPA mitsprach, gilt unter eingefleischten Fans als Deutschlands erfolgreichste „Märchentante“.
Trotz mehr als 1500 inszenierten und abgemischten Tonträgern mußte sich die 61jährige wohl an diesem Nachmittag eingestehen, daß die Nachwuchshörer im Zeitalter von Gameboy und Computerspielen längst das Interesse an Mythen verloren haben: „Ich bin die, die die Kassetten macht“, klingt da wie der verbalisierte Glanz einer vergangenen Zeit, nach dem man Jürgen Vogel nur zu gern gefragt hätte. Wie Produzentin Uschi Reich mitteilte, war der jedoch sofort nach dem Ende der Premiere ausgeflogen. Der Kinofilm startet heute bundesweit. Petra |
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