Sozioland, im August 2005 "Ich kann ohne Hörspiele nicht leben!!", lautet das leidenschaftliche
Bekenntnis eines sozioland-Befragten. Und so wie ihm geht es vielen.
Die Verkaufszahlen von Hörspielen schnellen in die Höhe, in den
Bookshops stapeln sich CDs mit gesprochener Literatur, Hörbars
etablieren sich in den Metropolen. Ruhig Zuhören ist hier Gebot.
Knistern und Rauschen statt flimmern - die Reize sind akustisch, das
Visuelle spielt sich im Kopf ab. Jede/r kann sich die Figuren nach
ihrer/seiner Fantasie ausmalen.
Gerade Twens und Thirtysomethings lassen sich gerne mit den Klassikern
aus ihrer frühen Jugend beschallen. Sie tauchen ein in die Welt der
"Kinderhörspiele" und akzeptieren keine Grenzen zwischen Erwachsensein
und Kindheit. "Ich finde es seltsam, dass wir in einer Zeit leben, in
der Hörspiele als 'kindisch' angesehen werden, der Konsum von Gaga-TV
bei den Privatsendern aber kaum jemandem 'peinlich' ist", bekräftigt
ein Hörspielkonsument, der sich an der Umfrage beteiligt hat.
Warum hören Erwachsene Kinderhörspiele? "Alles Perverse", wie
ein kulturpessimistischer Umfrageteilnehmer behauptet, oder kennt
Leidenschaft etwa kein Verfallsdatum? Welche Hörspielreihe ist
eigentlich die beliebteste? Sind Hörbars eine gute Erfindung? Und darf
man Hörspiele verfilmen? Der Hype um Hörspiele war Grund genug für
sozioland, bei der ständig größer werdenden Gemeinde der Audio-Freunde
einmal nachzuhorchen, aus welchem Grund sie welchen Geschichten wo
lauschen. Hier die Ergebnisse des großen Lauschangriffs!
Phantasiebeflügelnde Unterhaltung bei der Hausarbeit
Die
Gründe, warum Hörspielen gelauscht wird, sind vielfältig. Unterhaltung
und Entspannung stehen dabei für über 70% der Teilnehmer im
Vordergrund. Hörspiele helfen 57% der UmfrageteilnehmerInnen beim
Einschlafen und fungieren für 52% als Erinnerung an die Kindheit. 42%
sehen Hörspiele als Alternative zum Fernsehen. 39% befriedigen so ihre
Sammelleidenschaft. Für knapp 36%, darunter mehr Männer als Frauen,
dienen Hörspiele als Anregung ihrer Fantasie. Und für Pragmatiker sind
Hörspiele eine "Ablenkung beim Kochen, Putzen, Waschen", bei "längeren
Autofahrten" und während "langweiliger Arbeitstage". Sie können eine
"Alternative zum Lesen bei Augenproblemen" sein, geben den Kick "zum
Gruseln und Schaudern" und, und, und,...
Hörspiele schlagen Hörbücher
Eine Folge der Jungdetektive "Die Drei ???" oder der neue Roman von
Martin Walser in der Hörfassung, klassische Hörspiele oder gesprochene
Literatur, sogenannte Hörbücher? Den meisten Audio-Fans fällt da die
Entscheidung nicht schwer: Hörspiele erfreuen sich unter den Befragten
von sozioland größerer Beliebtheit: Fast 63% ziehen sie den Hörbüchern
(10%) vor. Und 26% der Befragten hören beides gleich gerne.
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"Die Drei ???" ist beliebtestes Hörspiel
Kinderhörspiele sind alles andere als Kinderkram: "Bin selber schon
erwachsen - na und?", lautet die lapidare Antwort eines Befragten. "Es
gibt keine Kinderhörspiele...Die sind für alle da!", bekräftigt ein
anderer. Junge Erwachsene zwischen 19 und 24 Jahren hören zu 64% noch
lieber "Kinderhörspiele" als Befragte unter 18 Jahren (55%). Auch 55%
der 24 bis 29jährigen und immerhin noch 27% der über 40jährigen mögen
sie. "Ich bereue die Zeit zwischen 15-27 Jahren, in der ich keine
Hörspiele vor dem Einschlafen gehört habe und mich lieber in den Betten
fremder Frauen herum getrieben habe", gesteht ein Bekehrter. Wer weiß,
was für Hörspiele...
Durch Hörspiele an die Kindheit erinnert
Ein halber Prozentsatz aller Befragten meint zu wissen, dass Erwachsene
keine Kinderhörspiele hören - und liegt da falsch. Genauso falsch wie
ein anderer Befragter, der abfällig urteilt: "Das ist für mich reines
Mitläuferverhalten". Doch warum tauchen auch erwachsene Menschen in die
Welt von Kinderhörspielen ein? 83% geben als Grund an, dass Erwachsene
sich gerne an die Kindheit erinnern. Jeweils 25% hören sie wegen des
eigenen Nachwuchses, weil sie nicht so viel Aufmerksamkeit erfordern
oder interessante Charaktere mitspielen. 12% finden, dass
Kinderhörspiele inhaltlich einfach besser sind. Für manche sind sie
"Fantasie anregend","Flucht vor dem Alltag", eine "heile Welt". Und ein
Hörspielfan freut sich, dass man sich "endlich Hörspiele leisten kann,
für die damals das Taschengeld nicht gereicht hat".
CD ist beliebtestes Medium
"Auf welchem Medium hören Sie Hörspiele am liebsten?", wollte sozioland
wissen. Die meisten, etwa 72% aller Frauen und Männer, bevorzugen den
runden Silberling. Doch die umständlichen, rauschenden Tonbänder bieten
der CD die Stirn. Sie gelten mittlerweile als Kult und erleben ein
Revival: Gerade die jüngeren Befragten unter 24 Jahren hören ihre
Hörspiele überdurchschnittlich häufig auf Kassette. Große Zustimmung
mit weit über 60% finden Kassetten auch bei denjenigen, die täglich ein
oder mehrere Hörspiele hören. Die müssen es ja wissen. Insgesamt 54%,
weit mehr Frauen als Männer, hören Kassetten. Lediglich 33%, darunter
eher Männer, lauschen Hörspielen auf dem mp3-Player. Radio und LP mögen
jeweils nur etwa 8%. Bei den älteren Befragten sind Radio und CD
überdurchschnittlich beliebt, Kassetten scheinen da out zu sein.
Wie ist das mit Hörspielen und extensivem Konsum? Wecken auch sie ein
Suchtpotential? 12% aller Befragten hören täglich mehrere Hörspiele,
weitere 24% täglich eins. 17% konsumieren 1-2 Hörspiele in der Woche
und 8% hören sehr unregelmäßig. Insgesamt finden sich nur leichte
Geschlechterunterschiede und auch keine herausragenden Alterseffekte.
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Literatur ist für Männer Lauschgift
Bei der Vorliebe für Hörbücher oder Hörspiele finden sich gravierende
Geschlechtsunterschiede: Zwar erwärmen sich auch die meisten Frauen,
nämlich 49%, eher für Hörspiele, doch über ein Drittel mag beides. Und
überdurchschnittlich viele weibliche Befragte, fast 14%, lassen sich
lieber mit Hörbüchern beschallen. Männer antworten eindeutiger: 73%
ziehen Hörspiele den Hörbüchern vor und nur 20% mögen beides gleich
gern.
Krimis und Horror vielgehört
In welchem Hörspielgenre werden Klangwelten am liebsten bereist? Die
Tendenz geht eindeutig zu Krimis, für 73% der Befragten das
Lieblingsgenre. Auch Grusel/Horror kann immerhin 58% der Nennungen auf
sich vereinigen. 51% der Befragten lauschen am liebsten
Kinderhörspielen und 35% schwören auf Science-Fiction.
Traditionell-Literarisches lassen nur 16% gerne an ihr Ohr.
"Die Drei ???" ist beliebtestes Hörspiel
Als erfolgreichste Hörspielserie Deutschlands gilt die Detektivserie
"Die Drei ???", bis vor kurzem noch mit Regiealtmeister Alfred
Hitchcock als Schirmherr. Auch die sozioland-Befragten bestätigen das.
Für etwa 70% der Männer und Frauen sind die drei Juniordetektive Justus
Jonas, Peter Shaw und Bob Andrews, die Verbrecher in und um ihren
Heimatort Rocky Beach jagen, der absolute Favorit. Mit 35% der
Nennungen relativ beliebt, vor allem bei Männern, ist außerdem "John
Sinclair". Häufig genannt werden auch "Gabriel Burns", "TKKG", "5
Freunde" und "Larry Brent". Ein Viertel der Frauen kann sich für "Bibi
Blocksberg" erwärmen, Männer dagegen eher weniger. 33% der
sozioland-Befragten schwärmen für weitere Hörspiele, von "Hexe
Schrumpeldei", "Harry Potter" und "Karl May" über "Edgar Allan Poe" bis
hin zu "Elea Eluanda", "Macabros", "Masters of the Universe" oder "Paul
Temple" und, und, und...
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Hörspiele nicht kinokompatibel
Viele Hörspiele basieren auf TV-Serien und Kinofilmen. Das finden 61%
der Befragten nicht gut. Unter anderem, weil man mit der TV Serie den
Hörern die Möglichkeit nähme, die eigenen Fantasie zu entwickeln.
Schließlich bekäme man vorgesetzt, wie die Personen und Orte auszusehen
haben. Neuproduzierte Hörspiele würden die Fantasie mehr anregen, da
man noch keine vorgegebenen Bilder im Kopf habe. Und wiederum 59% der
Befragten halten wiederum nichts bis gar nichts davon, Hörspiele zu
verfilmen. Hörspiele sollen eine eigene Welt bleiben und nicht
visualisiert werden, unter anderem, da eine Verfilmung nie mit dem
mithalten könne, was man sich beim Hören vorstellt.
Auch Vielhörer haben von Hörbars noch nichts gehört
Mittlerweile
kommt keine deutsche Metropole mehr ohne sie aus - die Hörbar, in denen
Hörspiele als gemeinsames Klangerlebnis auf dem Programm stehen. Doch
haben erstaunlicherweise über 70% der befragten Frauen und 63% der
Männer von Hörbars schlichtweg noch nichts gehört. Auch zu über 60%
solcher Fans, die sich täglich mindestens ein Hörspiel zu Gemüte
führen, ist dieser Trend noch nicht vorgedrungen. Zu metropolenlastig?
Von einer flächendeckenden Versorgung auch in ländlichen Gegenden kann
jedenfalls nicht die Rede sein. "Wohne in der Provinz.... seufzzz",
jammert da ein Umfrageteilnehmer.
24% der Befragten sind zu Hörbars positiv eingestellt. 7%, immerhin
fast ein Drittel derjenigen, die sie kennen, sind hingegen keine
Freunde solcher akustischer Etablissements. "Ich habe meine eigene
Hörbar zuhause...kann mich eher auf Hörspiele konzentrieren, wenn ich
alleine oder im engsten Kreis von mir bekannten Gleichgesinnten bin",
heißt es unter anderem. Außerdem höre man Hörspiele alleine- maximal zu
zweit! Auch Pausen machen oder zurückspulen könne man da nicht. Und
mancher konzentrierte Hörspielfreak kann sich wohl in Bars nicht
zurückhalten: "Jede Kommunikation wird mit einem Psssst aus irgendeiner
Ecke erstickt. In einer Kneipe möchte man sich mit Freunden unterhalten
- da kann man nicht zuhören!" (sista)
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