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Es ist die Sensation in Avonlea, einem kleinen fiktiven Ort auf Prince Edward Island im Kanada des ausgehenden 19. Jahrhunderts. Das Geschwisterpaar Marilla und Matthew Cuthbert hat sich entschlossen, ein Kind zu adoptieren. Doch anstelle des ersehnten Jungen, der den brummigen Junggesellen und seine ebenfalls unverheiratete Schwester bei der Farmarbeit unterstützen soll, taucht durch ein Versehen des Waisenhauses plötzlich Anne auf Green Gables auf.
Die
gleichnamige Serie aus dem Hause TITANIA MEDIEN ist die erste Hörspielumsetzung
des vor genau 100 Jahren erschienenen Jugendbuchklassikers der kanadischen
Autorin Lucy Maud Montgomery (1874 - 1942). Im Mittelpunkt ihrer
auf mehrere Romane hin angelegten Entwicklungsgeschichte steht die
zu Beginn der Handlung elfjährige Anne Shirley, deren Eltern
an Gelbfieber verstorben sind. Seit diesem Zeitpunkt hat das kleine
Mädchen mit den vielen Sommersprossen und der knochigen Gestalt
auf ein liebevolles familiäres Umfeld verzichten müssen.
Die vermeintliche Aufnahme im wunderschönen Anwesen der Cuthberts
verheißt dem schwärmerischen Rotkopf daher das ganz große
Glück. Allerdings macht Marilla keinen Hehl daraus, daß
sie nicht daran denkt, den weiblichen Familienzuwachs zu behalten.
Anne
wird zum Sonnenschein der Cuthberts, und Marilla muß sich
bereits nach drei Wochen, d.h. zu Beginn der zweiten Folge eingestehen,
daß sie nicht mehr weiß, wie sie es jemals ohne das
Mädchen ausgehalten hat. Entsprechend dieser Veränderung
versteht es Dagmar von Kurmin, die bereits in etlichen Produktionen
des Leverkusener Labels zu hören war, dem gestrengen, kontrollierten
Tonfall Marillas eine weiche Note zu geben, eine Note, die ihr Bruder
Matthew von jeher besitzt. Anders als seine Schwester hat er die
quirlige Plappertasche sofort in sein Herz geschlossen. Umso trauriger
ist es, daß Schriftstellerin Montgomery diese Figur als schüchternen,
zurückhaltenden Charakter angelegt hat, der einen - Folge vier
mit dem Titel "Ein Abschied und ein Anfang" läßt
es vermuten - schon allzu bald verlassen wird. Zu gerne hätte
man Jochen Schröder, der den liebenswerten Souverän und
Diplomat Matthew mimt, der des öfteren die Fäden im Hintergrund
zieht, weiter zugehört. Statt dessen präsentiert TITANIA
MEDIEN in diesem Zusammenhang eine Abschiedsszene, die einem gleich
allen Beteiligten unaufhaltsam die Tränen in die Augen treibt. Mit "Anne" hat sich Marc Gruppe, der zusammen mit Stephan Bosenius seit 2003 für anspruchsvolle Hörspielproduktionen steht, wie er selbst sagt, einen "Herzenswunsch" erfüllt. Fernab von den Markt überflutenden Serienkillern, Kommissaren oder Wesen aus einer anderen Welt hat man es hier mit der Adaption eines Stoffes zu tun, der allein durch die Sorgen und Nöte sowie durch die Liebenswürdigkeit seiner Charaktere besticht. Es sind die kleinen Episoden, die sich, erzählt von der unverwechselbaren Stimme Lutz Mackensys, zur Geschichte eines ungewöhnlichen Mädchens zusammenfügen, welches, um es mit dem Vokabular des 21. Jahrhunderts zu sagen, eine große soziale und emotionale Kompetenz besitzt. Diese Komponenten verleihen den Ereignissen ihren besonderen Charme, ohne jemals langatmig oder langweilig zu werden. Nach diversen Verfilmungen, einer Zeichen- sowie einer Comicserie ist "Anne. Die Hörspielserie", die sich vor allem auch an Familien richtet, eine weit über das gängige Maß vieler Neuveröffentlichungen hinausgehende Produktion. Neben der hervorragenden Sprecherbesetzung, die lediglich kurzzeitig durch die in der 1. Folge zu übertrieben gesprochene Rachel Lynde (Regina Lemnitz) getrübt wird, spiegelt sich die perfekte Detailarbeit sowohl in einer durchdachten Geräusch- und zeitgemäßen Musikkulisse als auch im Design der Cover wieder. Die aus jeweils vier Folgen bestehenden Staffeln bilden optisch durch die sich farblich wiederholende Rahmengebung eine Einheit, wobei das besondere Augenmerk auf den Illustrationen von Firuz Askin liegt. Askin versteht es, Anne ein Gesicht zu geben und ausschnittsweise die Szenerie in der Art eines Ölgemäldes abzubilden. Die verschnörkelten Ornamente, die sich ebenfalls auf den CDs selbst finden, werden dem Wesen von Geschichte und Produktion durchaus gerecht, ohne kitschig zu wirken. Ach, müßte es nicht herrlich sein, Annes weiteres Leben zu begleiten? Bereits im Herbst 2008 erscheinen mit "Anne in Avonlea" vier neue Folgen. Petra
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