Wir
schreiben das Jahr 1066. Catweazle, ein angelsächsischer Hexenmeister,
ist auf der Flucht vor normannischen Kriegern. Eingekesselt von
seinen Verfolgern bleibt dem Unglücklichen nichts anderes mehr
übrig, als den Schutz der Geister heraufzubeschwören:
"Sunandum. Hurandos. Laßt mich fliegen! Salmei. Dalmei.
Adonei." Zu seinem Leidwesen fliegt Catweazle seiner Zeit jedoch
im wahrsten Sinne des Wortes voraus und landet direkt im England
des 20. Jahrhunderts. Dort trifft er auf den Sohn des Hexenhof-Besitzers
Harold Bennett, der wegen seiner roten Haare von allen nur "Karotte"
genannt wird, und den merkwürdigen Fremden für einen Landstreicher
hält. Doch schon bald zeigt sich, daß der Unbekannte
vollkommen überfordert mit den Errungenschaften der Moderne
ist: Der brüllende Traktor macht ihm Angst, Elektrizität
ist für ihn ein Elektrik-Trick und den städtischen Friseursalon
hält er für eine Folterkammer. Kein Wunder also, daß
Karotte den vermeintlichen Hausierer für vollkommen plemplem
hält.
Immerhin trägt Catweazles Unkenntnis maßgeblich
zur der wiederkehrenden Situationskomik der Geschichte bei, etwa
dann, wenn der Zauberer eine ihm angebotene Zigarette einfach aufißt,
anstatt sie zu rauchen. Auch das permanente Aneinandervorbeireden
der Figuren sorgt für beste Unterhaltung, denn woher soll ein
Mensch, der 900 Jahre übersprungen hat, wissen, daß ein
Telefonhörer kein sprechender Knochen ist. Während Karotte
alle Hände voll zu tun hat, seinen Freund vor den neugierigen
Blicken der Umwelt zu verbergen, erstickt der beinahe in dieser
ihm unbekannten Welt und setzt daher alles daran, in seine Zeit
zurückzukommen. Dabei zeigt der Zauberer bisweilen recht egoistische
Züge und bringt den jungen Bennett mehr als einmal in Schwierigkeiten.
Mit
der Veröffentlichung von Catweazle holt der Münchner
Terzio-Verlag ein Stück verloren geglaubte Kindheit in die
Wohnzimmer zurück. Während die gleichnamige britische
Serie aus den 70er Jahren zum letzten Mal im April 2003 im deutschen
Fernsehen zu sehen war, sind die Hörspiel-Versionen von Fontana
bzw. Philips (Sonic Series) bereits seit Urzeiten nur noch für
horrende Summen in einschlägigen Internet-Auktionshäusern
zu bekommen. Selbst die Romanvorlage aus der Feder von Richard Carpenter
wird nicht mehr im regulären Buchhandel vertrieben, weshalb
der Relaunch der 1983 vom Bayrischen Rundfunk produzierten Fassung
für manch einen das Ende einer langen Wartezeit bedeuten dürfte.
Trotzdem teilt sich die Fangemeinde bei diesem Titel in zwei Felder,
zumal dem Hörbuch mit Jürgen Arndt als alleinigem Sprecher
jegliche Atmo und damit der akustische Hintergrund gegenüber
den früheren Hörspielen fehlt. Für all diejenigen,
die wie die Hörspielhelden nie in den (vollständigen)
literarischen oder visuellen Genuß von Catweazle kamen, sind
die insgesamt vier CDs mit dem nostalgischen Fotoprint allerdings
schon jetzt so etwas wie das heimliche Frühjahrs-Highlight
2005.
Bleibt nur die Frage, ob in den Archiven der Münchner
Sendeanstalt noch weitere Geschichten rund um den Hexenmeister schlummern:
In Großbritannien wurden immerhin zwei Fernsehstaffeln mit
je 13 Folgen gedreht. "Werden Sie eines Tages wiederkommen",
rief Karotte ihm nach. "Wiederkommen, wiederkommen", klang seine
Stimme zurück. Der Nebel begann zu steigen und die magischen
Kreise glitten lautlos über den See...
Petra
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