Liz Kessler Emilys Geheimnis |
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Flötenklänge, untermalt mit betörender Harfenmusik, dazu der liebliche Singsang eines undinenhaften Wesens, das alles vermag uns bereits in den ersten Sekunden derart zu umfangen, bis wir nur noch eines wollen: Tief hinab in die See und eintauchen in das Geheimnis, Emilys Geheimnis. Es ist ein Geheimnis, das unter uns bleiben muß. Denn Emily Wildfang ist kein gewöhnliches Mädchen - nein, Emily ist eine Meerjungfrau. Bis zum ersten Mittwoch in der siebten Klasse weiß die Zwölfjährige aber selbst nichts von dieser Doppelexistenz. Weil sie zusammen mit ihrer Mutter ein Hausboot bewohnt, auf dem es keine Badewanne, sondern nur eine Dusche gibt, und weil sie paradoxerweise noch nie so richtig im Wasser gewesen ist, bringt erst der Schwimmunterricht in der Schule den Fischschwanz ans Licht: Meine Beine fühlten sich an, als wären sie zusammengewachsen, als wären sie von einer Sekunde auf die andere wie eingegipst. Von nun an reißt der Strudel der Ereignisse nicht mehr ab. Zusammen mit ihrer neuen Freundin, der Nixe Shona, die Emily bei einem nächtlichen Ausflug kennenlernt, beginnt für den Zuhörer eine abenteuerliche Erkundungsreise durch Neptuns Reich. Doch die blubbernde und rauschende, gurgelnde und glucksende Welt entpuppt sich schnell als diktatorisch anmutendes System, in dem allein die Treue zum Meeresgott zählt. Und die beinhaltet auch, daß sich keinesfalls mischt, kreuzt oder vereinigt, was nicht zusammengehört, nämlich Menschen und Meerleute. Ausgerechnet dieses jahrhundertealte Gesetz hat Emilys Mutter unglücklicherweise einst gebrochen, als sie sich vor Jahren mit dem Meermann Jack einließ. Allerdings kann sich Mum, gesprochen von Stimmwunder Frauke Poolman (u.a. Dreifachrolle als Virgina Burnett, Anna und Gräfin in Die drei ??? Master of Chess), nicht mehr an diese Romanze erinnern. Um der unerwünschten Beziehung Einhalt zu gebieten, belegte man die Liebende kurzerhand mit einer partiellen Amnesie und ließ den schwarz gelockten Meeresbewohner ins Gefängnis werfen. Folglich fußt Emilys Geheimnis demnach nicht nur auf ihrem Nixendasein, sondern auch auf ihrer Herkunft, welche im Laufe von knapp einer Stunde enträtselt wird. Egal, ob man die Geschichte, die auf der gleichnamigen Buchvorlage von Liz Kessler beruht, als phantasievolles Märchen oder als märchenhafte Parabel gesellschaftlicher Herrschaftsformen verstehen will, am Ende siegt, wie man auch die Netze dreht, etwas, das über den Gesetzen steht: Die Liebe. Sie macht es möglich, daß die einzelnen Familienmitglieder doch noch zusammen kommen dürfen. Einzige Bedingung ist der Anschluß an eine Gemeinschaft, die auf einer geheimen Insel lebt und fortan zum Lebensmittelpunkt werden soll. Wie das Leben der kleinen Meerjungfrau weitergeht, kann man bereits in Emilys Abenteuer, dem zweiten Band der englischen Autorin, die im übrigen selbst auf einem Hausboot wohnt, nachlesen. Bleibt also nur zu hoffen, daß der Gesang der Sirenen noch einmal in das Tonstudio des Westdeutschen Rundfunks dringt und seine Produzenten zu einer rauschenden Fortsetzung verführt. Petra |
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