Lange habe ich
gezögert, ob man Fizzibitz als Highlight oder als Katastrophe
einordnen sollte... einigen wir uns auf einen Kompromiß und
betrachten wir die Serie mal irgendwo dazwischen. Für diejenigen,
die nicht wissen, wer Fizzibitz ist: Der Bayerische Rundfunk produzierte
ab 1962 die erfolgreiche Serie "Meister Eder und sein Pumuckl".
In der Kinderredaktion des Westdeutschen Rundfunks wußten
die Geschichten auch sehr zu gefallen, allerdings empfand man die
Hörspiele als "zu bayerisch" um sie auch im WDR zu senden.
Deshalb adaptierten die Redakteurinnen Els Vordemberge und Ingeborg
Oehme-Tröndle sowie Regisseur Fritz Peter Vary die Geschichten
von Ellis Kaut und kreierten daraus 1963 den rheinischen Fizzibitz.
Nachdem der Pumuckl aber Ende der 70er Jahre auf LP seinen Siegeszug
auch außerhalb Bayerns begann, geriet Fizzibitz schnell in
Vergessenheit.
Insgesamt
bestand die Serie "Immer dieser Fizzibitz" aus 9
Folgen:
Fizzibitz
wird sichtbar Das geschnitzte Bett Der Besuch Der
Wellensittich Die Schlagsahne Das Schloßgespenst Das
Spanferkelessen Das liebe Geld Die Bellsignale
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Die Werbetexte
des WDR unterstellen, daß die Abenteuer des Fizzibitz denen
des Pumuckl zwar ähneln, "allerdings ist Köln eine ganz
eigene Stadt, und durch die spezielle Mentalität der Kölnerinnen
und Kölner entstanden so auch ganz eigene Fizzibitz-Geschichten".
Nun ja, Werbung... Die Geschichten und Dialoge sind weitgehend
identisch mit den Pumuckl-Hörspielen, tatsächlich gibt
es lediglich einige kleine Detail-Unterschiede (Anmerkung: Die folgenden
Details könnt ihr auch unter www.pumuckl-im-radio.de
lesen, allerdings möchte ich hier noch meine persönliche
Meinung dazu abgeben). Beim Anhören fällt zunächst
die Titelmusik auf; die Hörspiele des BR kamen ja sehr gut
ohne Musik aus. Das bekannte Lied der TV-Serie "Hurra, hurra, der
Kobold mit dem roten Haar" wirkt gegen das Titellied des Fizzibitz
allerdings wie ein literarisches Meisterwerk. So lautet der Text
des Liedes ganz banal: "Immer dieser Fizzibitz, Fizzibitz, Fizzibitz.
Immer dieser Fizzibitz, Fiz - zi - bitz." Auf einen Erzähler
wurde in den Hörspielen vollständig verzichtet; viele
schöne Details, die man über Meister Eder, den Pumuckl,
aber auch über die Nebenfiguren erfahren hatte, gehen so verloren.
Meiner Meinung ist das ein großes Manko der Serie, da gerade
die markante Stimme August Riehls im Original eine besondere Stimmung
aufkommen läßt. Die Szenenwechsel werden bei Fizzibitz
mit Musik dargestellt, mangels Erzähler fehlt dem Hörer
jedoch oft der Überblick. Besonders gravierend fällt dies
in der Folge "Das Schloßgespenst" auf: Szene in der Werkstatt
- Streit, ob Fizzibitz mit ins Schloß geht oder nicht - Musik
- *KLIRR* - "Oh, die Degen!" - Dialog Jakob mit Gräfin, erst
danach taucht der Kobold wieder auf. Ist er nun am Runterfallen
der Degen schuld oder nicht? Dann ist da natürlich die Sprache.
Der Hauptgrund für die Bearbeitung durch den WDR dürfte
das urige Bairisch der originalen Hörspiele gewesen sein, das
im Rheinland wohl kaum jemand verstanden hätte. In "Immer dieser
Fizzibitz" sprechen die Charaktere (ausgenommen auch hier: der Kobold)
einen breiten rheinländischen Dialekt, vergleichbar etwa mit
Fußball-Manager Calmund oder Comedian Tom Gerhard als "Hausmeister
Krause". Der Fizzibitz ist "koa kloana Hausgeist" sondern
"nen kleinen Hausjeist", man grüßt mit "Juten
Tach" statt "Grüß Gott" oder "Griasde" und natürlich
wird kein Bier getrunken, sondern Kölsch. Ferner wird nicht
gezwickt, sondern gepitscht. Besonders unangenehm ist aber die
Stimme des Fizzibitz selbst geraten: Während Hans Clarin als
Pumuckl krächzt und in der Rolle des Kobolds zur Höchstform
aufläuft, spricht Hans Georg Gregor den Fizzbitz eher ruhig
und zurückhaltend. Auch unterliegt der rheinische Kobold nicht
denselben Stimmungsschwankungen wie sein bayerischer Kollege, sondern
klingt immer recht monoton. Ein produktionstechnischer Fauxpas ist,
daß die Stimme des Fizzibitz nachbearbeitet und mit vibrierenden
Effekten versehen wurde. Über Kopfhörer erregt sie deswegen
leicht Kopfschmerzen.
Detailverliebte
Pumuckl-Fans werden schnell bemerken, daß der Kölner
Meister Eder nicht Franz mit Vornamen heißt, sondern August.
Was zunächst wie ein Sakrileg erscheint, läßt wieder
einmal Raum zur Spekulation: War Franz nur ein zu bayerischer Name
für den WDR oder hieß auch der allererste bayerische
Meister Eder August? Auffällig ist auch, daß Eder seine
Stammtischfreunde siezt; in Bayern wäre dies wohl undenkbar. Experimentiert
wurde bei den Folgen "Das liebe Geld" und "Der Wellensittich". Letztere
ist eine Kombination aus der gleichnamigen Pumuckl-Folge und "Die
geheimnisvolle Schiffschaukel". Die Episoden wurden dabei ähnlich
zusammengenommen wie später in der TV-Serie. Möglich,
daß sich die Drehbuchautoren der Serie davon inspirieren ließen.
"Das liebe Geld" faßt ebenfalls zwei Pumuckl-Episoden zusammen,
nämlich die Geld-Folge und "Pumuckl in der Schule". Der Schulbesuch
des Kobolds wurde allerdings grausam beschnitten: Er schaut nur
kurz in die Erdkunde-Stunde hinein und ist dann so müde, daß
er zu Hause bleibt und lieber schläft. Da der Besuch im Kunstunterricht
und somit das Klebenbleiben im Papierkorb fehlen, wirkt das Schlußgedicht
"Bleibe lieber hier daheim, klebe lieber an dem Leim" hier absolut
unangebracht. Die Kombination von Pumuckl-Folgen kann unter dem
Strich als ein interessantes Experiment des WDR bezeichnet werden,
das allerdings ganz schnell danebengehen kann, wie letzteres Beispiel
zeigt. Meiner Meinung erscheint es aus heutiger Sicht insgesamt
recht merkwürdig, daß "Immer dieser Fizzibitz" zu seiner
Zeit sehr beliebt war. Lieblos und steril adaptierte Pumuckl-Folgen
kombiniert mit einigen produktionstechnischen Fehlern stellen den
Erfolg doch sehr in Frage. Vermutlich ist ein Teil des Erfolgs auf
die damaligen Verhältnisse zurückzuführen, sprich
die damals noch größere Bedeutung der Rundfunkanstalten
der Länder. Aber andererseits dürfte auch so manchem Rheinländer
der Erfolg des Pumuckl suspekt gewesen sein. Trotz allem gehört
Fizzibitz zur Vergangenheit des Pumuckl und ist schon allein deswegen
ein Muß für jeden echten Fan.
Florian
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