|
Dass es sich um ein äußerst ambitioniertes Projekt handelt, dürfte
schon jedem klar werden, der das Hörspiel in Händen hält: Das Paket
umfasst zwei CDs, wobei sich auf CD 1 das eigentliche Hörspiel findet,
auf CD 2 der Soundtrack. Ein edel gestaltetes und durchgängig
vierfarbiges Booklet mit Songtexten, Fotos und Band-Infos rundet das
Paket ab. Songtexte und Band-Infos? Dazu später!
Die Geschichte des Hörspiels ist schnell erzählt: Der in der
Punk-Szene aufgewachsene Protagonist Fränk kehrt an die Stätte seiner
Jugend zurück, eine Halle in Freimann, die zunächst als Werkstatt,
später als Proberaum und Szene-Treff fungierte. Mit einigen alten
Weggefährten macht er sich auf zu einem Konzert, wo er auf seinen
früheren Mentor Tom trifft. Tom, für Fränk früher eine Art Ersatzvater,
ist nach Alkohol- und Drogenexzessen jedoch abgestürzt. Obwohl Tom dank
Fränk seine Drogensucht besiegen konnte, haben sich die beiden
auseinandergelebt. Während Fränk sich persönlich weiterentwickelt hat
ohne sich von seiner Musik zu entfernen, ist Tom nur noch ein
gefallener Randalierer. Als sich die beiden auf dem Heimweg vom Konzert
in der U-Bahn-Station begegnen, eskaliert ihr Streit auf dramatische
Art und Weise.
|
|
|
Das größte Alleinstellungsmerkmal des Hörspiels ist zweifellos sein
Soundtrack: Würden andere Produktionen in Film, Funk und Fernsehen beim
Soundtrack auf summende, melancholische Dudelmusik zur Untermalung von
Fränks Ansichten setzen, präsentiert "Kein Halt im Freimann" pausen-
und kompromisslos die große Leidenschaft des Protagonisten (bzw. des
Autors): die verschiedensten Facetten des Punk-Rock. Und damit ist
keineswegs auf Hochglanz polierter, überproduzierter Pop-Punk
hingeschiedener Beinkleider gemeint. "Freimann" setzt auf
authentischen, wütenden Punk verschiedener Underground-Bands. Hier und
da wäre zwar besonders bei Bass und Schlagzeug noch etwas Üben
angebracht, aber der scheppernde Proberaum-Sound der Musik
unterstreicht vortrefflich ihre Echtheit.
Die einzelnen Szenen werden vom Ich-Erzähler Fränk durch
persönliche Gedanken, Geschichten und Reflexionen verknüpft. Fränk
berichtet einerseits über die Höhen und Tiefen seines eigenen Lebens,
aber auch über die Geschichte und Entwicklung der Punk-Szene. Was von
Seiten des Skripts eine grandiose Idee ist, scheitert allerdings
genauso grandios am Sprecher des Fränk. Der jugendlichen Stimme Norman
Sonnleitners - ein Neuzugang in Kuboths Sprecherriege - kauft man den
in die Jahre gekommenen und weiser gewordenen Punk-Rebellen kein Stück
ab. Beim Erzählen seiner Episoden versucht Fränk oft verzweifelt, wie
ein trotziger Intellektueller zu klingen, ohne allerdings Wortschatz
und Satzbau eines solchen zu besitzen. Als Figur in den Hörspielszenen
schafft es Sonnleitner mit seiner monotonen und oft sehr hastigen
Sprechweise kaum, der Figur Leben einzuhauchen; dies wird auch durch
die übermäßige Verwendung des Wortes "geil" nicht besser...
wirklich
schade.
Über jeden Zweifel erhaben sind dagegen die Nebendarsteller, allen
voran Gerhard Acktun als Tom. Hörenswerte Cameo-Auftritte gibt es von
Hansi Kraus und einem beeindruckend klingenden Eisi Gulp (womöglich
hätte er die Figur des Fränk glaubwürdiger interpretieren können).
Die eigentliche Produktion lässt allerdings keine Wünsche offen,
das Team um Autor/Regisseur/Produzent Kuboth ist inzwischen perfekt
aufeinander eingespielt. Die Musik wird geschickt in das Hörspiel
eingewoben, die Effekte klingen authentisch. Insbesondere die finale
Klimax, wenn Fränk und Tom aufeinander treffen ist derart spannend und
wuchtig in Szene gesetzt, dass man als Hörer innehält, und sich während
einer langen Stummphase um beide Figuren sorgt. Der Epilog lässt die
ein oder andere Frage offen, um in einem typischen Abspann-Song zu
enden, kränkelt aber erneut am schwachen Sonnleitner.
"Kein Halt in Freimann" verdient auf jeden Fall eine Empfehlung,
zumal es sich auch erst nach mehrmaligen Hören erschließt. Liebhaber
der Punk-Musik können ohnehin bedenkenlos zugreifen. Das Hörspiel in
gängige Kategorien einzuordnen fällt dagegen schwer. Milieustudie?
Lebensgeschichte? Promotion für die Münchener Punk-Szene?
Aber ist es nicht ein Merkmal des Punk, mal aus dem Rahmen zu fallen und ein eigenes Ding zu machen?
Beide Daumen hoch!
Florian
Das Punkrock-Hörspiel Kein Halt in Freimann
erscheint am 25. Oktober 2009
|
|