Kein Halt in Freimann 



Nach dem urigen Zweiteiler "Kleine Fische" und dem Kinderhörspiel "Zwicky, der Wolpertinger" meldet sich der Wahl-Münchener Sebastian Kuboth nach gut zwei Jahren
Produktionszeit mit seinem neuen Hörspielprojekt zurück: "Kein Halt in Freimann".

 


 

 

Dass es sich um ein äußerst ambitioniertes Projekt handelt, dürfte schon jedem klar werden, der das Hörspiel in Händen hält: Das Paket umfasst zwei CDs, wobei sich auf CD 1 das eigentliche Hörspiel findet, auf CD 2 der Soundtrack. Ein edel gestaltetes und durchgängig vierfarbiges Booklet mit Songtexten, Fotos und Band-Infos rundet das Paket ab. Songtexte und Band-Infos? Dazu später!

Die Geschichte des Hörspiels ist schnell erzählt: Der in der Punk-Szene aufgewachsene Protagonist Fränk kehrt an die Stätte seiner Jugend zurück, eine Halle in Freimann, die zunächst als Werkstatt, später als Proberaum und Szene-Treff fungierte. Mit einigen alten Weggefährten macht er sich auf zu einem Konzert, wo er auf seinen früheren Mentor Tom trifft. Tom, für Fränk früher eine Art Ersatzvater, ist nach Alkohol- und Drogenexzessen jedoch abgestürzt. Obwohl Tom dank Fränk seine Drogensucht besiegen konnte, haben sich die beiden auseinandergelebt. Während Fränk sich persönlich weiterentwickelt hat ohne sich von seiner Musik zu entfernen, ist Tom nur noch ein gefallener Randalierer. Als sich die beiden auf dem Heimweg vom Konzert in der U-Bahn-Station begegnen, eskaliert ihr Streit auf dramatische Art und Weise.

 

Das größte Alleinstellungsmerkmal des Hörspiels ist zweifellos sein Soundtrack: Würden andere Produktionen in Film, Funk und Fernsehen beim Soundtrack auf summende, melancholische Dudelmusik zur Untermalung von Fränks Ansichten setzen, präsentiert "Kein Halt im Freimann" pausen- und kompromisslos die große Leidenschaft des Protagonisten (bzw. des Autors): die verschiedensten Facetten des Punk-Rock. Und damit ist keineswegs auf Hochglanz polierter, überproduzierter Pop-Punk hingeschiedener Beinkleider gemeint. "Freimann" setzt auf authentischen, wütenden Punk verschiedener Underground-Bands. Hier und da wäre zwar besonders bei Bass und Schlagzeug noch etwas Üben angebracht, aber der scheppernde Proberaum-Sound der Musik unterstreicht vortrefflich ihre Echtheit.

Die einzelnen Szenen werden vom Ich-Erzähler Fränk durch persönliche Gedanken, Geschichten und Reflexionen verknüpft. Fränk berichtet einerseits über die Höhen und Tiefen seines eigenen Lebens, aber auch über die Geschichte und Entwicklung der Punk-Szene. Was von Seiten des Skripts eine grandiose Idee ist, scheitert allerdings genauso grandios am Sprecher des Fränk. Der jugendlichen Stimme Norman Sonnleitners - ein Neuzugang in Kuboths Sprecherriege - kauft man den in die Jahre gekommenen und weiser gewordenen Punk-Rebellen kein Stück ab. Beim Erzählen seiner Episoden versucht Fränk oft verzweifelt, wie ein trotziger Intellektueller zu klingen, ohne allerdings Wortschatz und Satzbau eines solchen zu besitzen. Als Figur in den Hörspielszenen schafft es Sonnleitner mit seiner monotonen und oft sehr hastigen Sprechweise kaum, der Figur Leben einzuhauchen; dies wird auch durch die übermäßige Verwendung des Wortes "geil" nicht besser... wirklich schade.

Über jeden Zweifel erhaben sind dagegen die Nebendarsteller, allen voran Gerhard Acktun als Tom. Hörenswerte Cameo-Auftritte gibt es von Hansi Kraus und einem beeindruckend klingenden Eisi Gulp (womöglich hätte er die Figur des Fränk glaubwürdiger interpretieren können).

Die eigentliche Produktion lässt allerdings keine Wünsche offen, das Team um Autor/Regisseur/Produzent Kuboth ist inzwischen perfekt aufeinander eingespielt. Die Musik wird geschickt in das Hörspiel eingewoben, die Effekte klingen authentisch. Insbesondere die finale Klimax, wenn Fränk und Tom aufeinander treffen ist derart spannend und wuchtig in Szene gesetzt, dass man als Hörer innehält, und sich während einer langen Stummphase um beide Figuren sorgt. Der Epilog lässt die ein oder andere Frage offen, um in einem typischen Abspann-Song zu enden, kränkelt aber erneut am schwachen Sonnleitner.

"Kein Halt in Freimann" verdient auf jeden Fall eine Empfehlung, zumal es sich auch erst nach mehrmaligen Hören erschließt. Liebhaber der Punk-Musik können ohnehin bedenkenlos zugreifen. Das Hörspiel in gängige Kategorien einzuordnen fällt dagegen schwer. Milieustudie? Lebensgeschichte? Promotion für die Münchener Punk-Szene?

Aber ist es nicht ein Merkmal des Punk, mal aus dem Rahmen zu fallen und ein eigenes Ding zu machen?

Beide Daumen hoch!

Florian

 

Das Punkrock-Hörspiel Kein Halt in Freimann
erscheint am 25. Oktober 2009

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