LE AVVENTURE DI PINOCCHIO. Storia di un burattino
(Ita.; Pinocchios
Abenteuer. Geschichte eines Hampelmanns).
Kindergeschichte von Carlo Collodi in Fortsetzungen 1881-1883 im
>Giornale dei Bambini< erschienen, in Buchform (mit Federzeichnungen
von E. Mazzanti) 1883 in Florenz. - Aus einem geschenkten Holzscheit
schnitzt Geppetto einen Hampelmann, den er Pinocchio nennt. Der
Kleine beginnt sofort zu leben und entläuft. Er wird von Menschen
und Tieren ständig gewarnt - vergeblich; er faßt gute
Vorsätze, um sie sogleich zu brechen. Im Kasperltheater verursacht
er Aufruhr; der Theaterbesitzer will ihn verbrennen, entläßt
ihn aber schließlich mit einem Geschenk von 5 Goldstücken.
Dieser Schatz wird Pinocchio von dem angeblich lahmen Fuchs und
der vorgeblich blinden Katze abgejagt. Allein die schöne Fee
mit den himmelblauen Haaren bewahrt ihn vor einem elenden Tod. Als
Pinocchio Trauben stehlen will, gerät er in ein Fangeisen und
muß als Wachhund einen Hühnerstall vor Mardern beschützen.
Von einem Täuberich an die Küste geflogen, entdeckt er
auf der stürmischen See seinen Vater in höchster Gefahr.
Als er ihm schwimmend zu Hilfe eilt, wird er selber auf die >>Insel
der fleißigen Bienen<<
verschlagen. Er geht eine Weile artig zur Schule, pflegt jedoch
Gesellschaft mit faulen Burschen. Er rauft sich mit ihnen und wird
festgenommen. Zwar entkommt er, fällt aber einem struppigen
grünen Fischer in die Hände und entgeht nur um ein Haar
dem Los, in Öl gebraten zu werden. Nachdem er kurze Zeit folgsam
gewesen ist, läßt er sich dazu verleiten, ins Spielzeugland
zu fahren. Endlich braucht er nichts zu lernen! Die Strafe: Nach
fünf Monaten verwandelt er sich in einen Esel, wird verkauft
und muß in einem Zirkus auftreten. Weiterverkauft, soll er
ertränkt werden. Kaum hat er im Wasser seine alte Gestalt zurückerhalten,
wird er schon von einem Riesenhai verschlungen. Wen findet er im
Bauch des Fisches? Geppetto. Pinocchio rettet sich und seinen alten
Vater, beginnt regelmäßig zu arbeiten und zu lernen und
wird von der Fee belohnt: Er wird ein richtiger Junge. Collodi
hat hier vielfältige Traditionen und Motive zu einer Einheit
verschmolzen, die sich faszinierend zwischen Vision und Wirklichkeit
bewegt. Pinocchio
enthält Elemente des Märchens (Feen, wundersame Länder,
Verwandlungen, letztere mit Apuleius-Reminiszenzen), der Fabel (Tiere
mit menschlichem Gehaben), des Erziehungsromans (pädagogische
Deduktionen), der Morallehre und der Sozialsatire (Karikaturen von
Ärzten und Richtern). Besonders deutlich ist der Einfluß
des Puppentheaters: Pinocchio ist selber ein Kasperl, und zwar nicht
nur wegen seiner gewaltigen Nase. Der Dialog dominiert; der Protagonist
faßt seine Gewissensbisse und Überlegungen meist selbst
in Worte; der karge Autorenbericht gleicht oft Regieanweisungen.
Von Anfang an spürt man aber auch die Opposition gegen das
Volksmärchen (>>Es
war einmal...ein König!...Nein,...ein Stück Holz<<):
Die Sprache ist die des täglichen Umgangs, mit kindertümlichen
Elementen wie Lautmalerei und >>sprechenden Namen<<;
das Märchenhafte entbehrt aller dunklen Mystik, es ist bestimmt
von Klarheit und Präzision und wirkt oft surrealistisch. Der
Vielschichtigkeit entspricht die Mehrdeutigkeit: Ist Pinocchio Collodi
selbst, ein Porträt des frech spottenden, witzig lügenden
Florentiner Gassenjungen oder eine Allegorie des durch Erfahrungen
reifenden Menschen? Man mag an Pinocchio Wiederholungen,
innere Widersprüche und allzu direktes Moralisieren tadeln,
es bleibt ein Meisterwerk der Kinder-Weltliteratur. Die Gesamtauflage
schätzt man auf über sechs Millionen. Auch Erwachsene
sind entzückt von Collodis Ironie, seinem Sinn für Paradoxie,
seiner Lebensweisheit und seinem Humor. Das Werk wird weiterhin
gelesen werden dank Collodis sprundelnder Phantasie, die eine Fülle
origineller Gestalten schuf, und wegen des unbeschwerten Stils,
in dem mit voltairischer Behendigkeit eine immer wieder überraschende
Handlung skizziert wird. Viele Illustratoren versuchten sich
an Pinocchio, in Italien u.a. Chiostri, Mussino, Bernardino
und Maraja, in Deutschland u.a. W. Felten, R. Bicher, A. Zacharias,
M. und R. Koser-Michaelis und J.M. Szancer. Schon 1911 drehte
E. Pasquali einen Pinocchio-Film. Die bekannteste und (diskutierteste)
Verfilmung des Stoffs ist die von Walt Disney (1939). Seit 1965
bestehen in Pescia ein Park und ein Museum, die Pinocchio gewidmet
sind.
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