Imre
Kertész |
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B. ist tot. Eine Überdosis: Morphium, Selbstmord. "Seid mir nicht böse! Gute Nacht!", heißt es in seinem Abschiedsbrief. Doch das Leben im Budapest der 1990er Jahre geht weiter. >>Liquidation<< so der Titel des Manuskripts, das der Lektor Keserü im Nachlaß des Verstorbenen findet, knüpft dort an, wo die Geschichte B.s aufhört. In drei Akten nimmt das im Untertitel als Komödie kategorisierte Bühnenstück nicht nur das Schicksal der Hinterbliebenen, sondern auch die Auflösung des seit 40 Jahren staatlich finanzierten Verlages im Untergang des kommunistischen Systems vorweg. ">>Liquidation>> ist der erste Roman, den ich
in einer freien Welt geschrieben habe. Alle meine Romane habe ich in einer
Diktatur geschrieben, und das ist zu spüren. In meinem neuen Roman weht die
freie Luft trotz der harten Handlung", so Imre Kertész, einziger ungarischer
Nobelpreisträger für Literatur (2002) über sein neuestes Werk.
Auch Kertész ist ein Überlebender, den die traumatischen Erfahrungen jener Zeit
nie mehr losgelassen haben, >>Liquidation<< sein, wie er ein Jahr
vor der Vollendung des Romans schreibt, Plan, "einen letzten Blick auf den
Holocaust zu werfen, nicht mehr auf die Überlebenden, sondern auf die zweite
Generation, auf die Nachgeborenen, die ratlos mit dem schweren Erbe ringen, dem
Prozeß der Verarbeitung entfliehen oder ihn auf sich nehmen." Kertész hat sich
diesem Prozeß gestellt und man kann sich beim Hören der Geschichte dem
Verdacht nicht entziehen, daß sich der Ungar hinter dem Synonym B. verbirgt. Im
postmodernem Spiel mit literarischen Gattungen und Perspektiven wird hier
die Unmöglichkeit gezeigt, Auschwitz zu dechiffrieren. Paradoxerweise greift
genau an diesem Punkt das Hörspiel ein. |
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Petra |
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Rahmensprecher
(Autor) |
Werner
Rehm |
Ton:
Martin Freitag, Studio >>Küßmich<< Berlin,
Holger Mees, hr. |
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