Das Beruhigende an Science-Fiction-Stoffen ist
die Erfahrung, dass andere Welten zwar anders aussehen, trotzdem
aber genauso funktionieren wie die unsere. Andererseits ist es betrüblich,
wenn man immer wieder feststellen muss, dass sich eine bessere Welt
bisher nirgends durchsetzen konnte. Kult wäre der falsche
Begriff, um dieses Phänomen zu benennen; die Serie "Raumpatrouille"
ist echtes nationales Kulturgut, ein absolut authentisches Stück
bundesdeutscher 1960-erjahrekultur. Der Mythos vom Bügeleisen
auf dem Kontrollboard hat diese Gratwanderung zwischen dem Seriösen
und dem Ironischen verdrängt. Ob der "Rücksturz ins
Kino", die aufgepeppte Kinoversion, sie nun ins Bewusstsein
rückt, ist befragbar. Die Hörspielversion "RaumbredouilleReplica"
liefert auf verschärft humorvolle Weise einen Reflexionsboden,
von dem aus Trivial- und Technomythen liebevoll demaskiert werden.
A.J. Weigoni und Tom Täger zeigen uns noch einmal die Zukunft
aus dem Blickwinkel der Vergangenheit des bürgerlich-vermieften
Wohnzimmers der 1960-er, in dem man sich, verschreckt durch beginnende
Studentenunruhen und dem Ende des Wirtschaftswunders, dem Thrill
einer ungewiss-gewissen Zukunft aussetzt, in der der Weltenraum
- entsprechend dem Sicherheitsbedürfnis begrenzter Kulturen
- scheinbar unspektakulären Patrouillen zugänglich ist.
Die hohe Kunst von Tom Täger und A.J. Weigoni besteht darin,
nicht hinter dem Reflexionsgrad des Originals zurückzubleiben.
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Was für "Raumschiff Enterprise"
zunächst die Klingonen, waren die Frogs für "Raumpatrouille
Orion", der deutschen Science-Fiction-Serie mit Kultstatus
und Heimwerkerappeal: Bügeleisen dienten dem hochtechnisierten
Raumschiff als Schaltgeräte und brennende Tennisbälle
flogen durch die wolkenlose Weite des Himmels. Legendär auch
das Raumfahrerkasino, in dem nach geglückter Mission zukunftsweisend
Rücken an Rücken getanzt wurde. Die neu aufbereitete Tonspur
dieses Straßenfegers hält ein weiteres ungeahntes Abenteuer
mit Wolfgang Völz, Claus Holm, Charlotte Kerr u.v.a. bereit.
Wie meinte Dietmar Schönherr nach bestandenem Abenteuer: "Rücksturz
zur Erde".
Seit langem beschäftigt sich A. J. Weigoni
mit Trivialmythen, die sich in Groschenheften, in der Schlagermusik,
im Kino und in Fernsehserien manifestieren, und als Medienautor
ist A. J. Weigoni ein Spieler, den die technischen Entwicklungen
der Medien faszinieren, weil sie schier unendliche Möglichkeiten
der Neuordnung von Formen und Zeichen eröffnen. Seine Hörspielcollage
"Raumbredouille Replica" geht unter anderem von der Raumschiff-Enterprise-Utopie
der 60er Jahre aus: "Es gibt keine Nationalstaaten mehr, es
gibt nur noch die Menschheit und ihre Kolonien im Weltraum."
Der alte Topos der Science-Fiction von der Bedrohung der Erde durch
eine Invasion von Aliens und die Errettung der Menschen durch die
Helden der Raumfahrt wird in diesem Hörspiel ergänzt durch
die Chiffren der Pop(musik)kultur. Bei der Realisierung dieser
Autorenproduktion arbeitete A.J. Weigoni mit Tom Täger zusammen,
dem Produzenten der Alben von Helge Schneider und der Misfits.
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"Ich kann dich nicht sehen, Cliff, aber
hören!" Oberst Villa, zur Zeit an Bord der Tau
erlebt gerade einen Lichtsturm ungeahnten Ausmaßes und wird,
von uns natürlich unbemerkt, von den Exoterristen umgepolt.
Commander Lindley läßt sich täuschen kommt deswegen
nicht mehr zu Wort. General Lydia van Dyke macht derweil die
Beobachtung, daß im Gebiet der Jagdhunde ein gelenkter Schnelläufer
seine Bahn in Richtung Erde nimmt. Sie erfindet den Begriff der
Supernova. Nicht nur dadurch wird es auf der Erde immer wärmer.
Auch General Wamsler sind die unnatürlichen Protuperanzen aufgefallen
"Hätten wir vor 20 Jahren nicht den Unterwasserwohnungsbau
eingeführt, es wäre nicht zu ertragen." Oberst
Villa tut scheinheilig seinen Job und bemerkt nebenbei, daß
sich die Frogs ins Sternennebel der Jagdhunde befinden. Die Erde
sei für diese Frogs doch reichlich uninteressant. In einem
vertraulichen Gespräch mit Major Cliff Alister Maclane offenbart
Oberst Villa erstmals seine tiefergehenden Erkenntnisse, die er
auf der Tau eingeimpft bekam, vermischt mit den Berichten von General
Lydia van Dyke. Die ersten philosophischen Gedanken schwirren dem
Oberst durch den Kopf "Es geht um die Menschheit." Er
will sie also retten, koste es, was es wolle; allerdings nicht vor
den Frogs, sondern mit den Frogs, wie wir später noch hören
werden. Derweil finden "Politiker immer etwas zu regieren,
auch wenn zum Regieren gar nichts mehr da ist." Nun erfahren
wir die ersten konkreten Pläne der Zusammenarbeit zwischen
Villa und McLane. Das gespielte Mißtrauen McLanes soll uns
hier nur von den geplanten Vorgängen ablenken. Es folgt eine
Standard-Abflugzeremonie der Orion, deren Besatzung (außer
Cliff natürlich) noch nicht eingeweiht ist. Cliff wird
nur scheinbar etwas verunsichert, Leutnant Tamara Jagelovsk vom
galaktischen Sicherheitsdienst sich an Bord meldet. Cliff führt
den Start des Raumkreuzers routiniert, ja fast ein wenig gelangweilt
durch. Die auf diesem Flug zu testende Waffe namens Overkill, flößt
allen Beteiligten großen Respekt ein; kann diese furchtbare
Waffe Cliffs Pläne durchkreuzen? Der Führungsstab tagt
indes in Permanenz. Villa verplappert sich fast "Vielleicht
bin ich der nächste, der durchdreht." Auf der Orion
stellt der Astrogator, Atan Schubaschi, fest, daß MZ 4 sich
nicht meldet. Cliff muß selbstverständlich den Ahnungslosen
spielen und das wird ihm aufgrund seine mannhaften Autorität
auch abgenommen. Selbst die (wahrscheinlich abgesprochen) Dreiergruppen
bringen ihn nicht aus dem Konzept. Der streithafte Dialog mit Tamara
soll hier wieder nur ablenken, denn Cliff will auf jeden Fall auf
MZ 4 landen um den Stand der Vorbereitungen zu kontrollieren Auf
Terra wird unterdessen festgestellt, das es weitere Exoterristen
gibt "Das es also auf Croma ein menschliche, wie soll ich sagen
Rasse, Nation gibt, die ausserhalb jeder irdischen Kontrolle steht."
Nach den vorliegenden Unterlagen handelt es sich einwandfrei um
die Bevölkerung der ehemaligen Neptunkolonie. Cliff registriert
derweil befriedigt den aktueller Stand der Invasion "Wenn es
die Frogs sind, dann müssten sie die zwei äusseren Radarwarnkreise
ungehindert durchbrochen haben." Gleichzeitig läßt
Oberst Villa auf der Erde endgültig seine Tarnung fallen und
erteilt klare Anweisungen, die er offensichtlich seit Monaten auswendig
gelernt hat. Der Lichtspruch von McLane zeigt uns nicht nur den
Stand der Invasion, sondern auch, daß er über Villas
Fortschritte auf der Erde noch nicht informiert ist. Cliff will
jedoch sein wahres Gesicht noch nicht preisgeben. Derweil wird
Lydia van Dyke von der Hydra, (die ehemalige Vorgesetzte von Cliff)
mit eigenartigen Geräuschen konfrontiert "Das sind keine
irdischen Signale." Dieses Thema wird zeitgleich auf der Orion
diskutiert. Die Situation spitzt sich zu. Die Orionbesatzung bastelt
an einem Plan, die Frogs zu bekämpfen. Cliff rettet sich aus
dieser verzwickten Situation durch einen Alarmstart. Beim großen
Krisenstab warnt Villa "Dringend vor dem Eintritt in grössere
Kampfhandlungen bevor wir nicht ganz genau wissen 1. Wer sind sie?
2. Was wollen sie? Und 3. Was können sie?" Lydia von der
Hydra ist etwas außer Atem, sie gibt Cliff die Koordinaten
der Frogs an, in der Hoffnung, Cliff würde nun etwas unternehmen.
Unterdessen gibt Villa seine Befehle im universchlüsselten
Inter-Kosmos-Code weiter. Cliff ist sauer, daß er von
seinen vermeintlichen Verbündeten auch noch angegriffen wird
und gibt die Werfer frei (wobei hier unbekannt bleibt, was dort
geworfen werden soll). Tamara, der Scherge Villas, gibt der Besatzung
hier den ersten konkreten Hinweis "Im Elektronengehirn sind
sämtliche Daten über dieses Vorkommnis gespeichert. Dieses
Material muß zur Erde. Das kann der Anfang einer Invasion
sein!" Hasso und Atan erkennen nur langsam, daß McLane
seine Verbündeten nicht einfach abschießen kann und sie
vermuten Cliff sogar als nicht mehr unter den Lebenden weilend.
Die beiden entwickeln auf eigene Faust einen Plan "Sauerstoff,
Sauerstoff... Atan, wie sind Idioten, die brauchen nicht nur keinen
Sauerstoff, die können wahrscheinlich gar keinen vertragen."
In General Wamsler reift die Erkenntnis, das die gelenkte Supernove
von langer Hand vorbereitet worden ist und sagt derweil zur Abwechslung
etwas weniger Kindliches "Wie zum Teufel ist es überhaupt
möglich, das diese Bestien da draußen in aller Seelenruhe
eine Leitstelle einrichten konnten von der aus sie eine Nova erzeugen
und lenken?" Cliff denkt darüber nach, das ein von einer
Nova zerstörter Planet nicht mehr erobert werden kann. Er muß
nun gegen die Absprachen handeln. Der inzwischen ab Bord gebeamte
Psychologe stellt klar, daß die Frogs manipuliert haben "Die
ganze Station liegt auf ihrem Telenosestrahl." Endlich
kann Cliff die Maske fallen lassen "Jetzt werden wir desertieren."
Villa meldet derweil zum Schein allen, die das was angeht, daß
McLane desertiert, ein plumpes Ablenkungsmanöver von seinen
eigenen Plänen. Cliff ist getäuscht worden, er findet
sich nicht auf der Leitstelle der Frogs, sondern auf Croma wieder.
Damit nicht genug "Um Dinge von existentieller Wichtigkeit
kümmern sich hierzulande die Frauen, an den Gedanken müssen
sie sich gewöhnen." verkündet die charmante Oberste.
Das ist zuviel für sein Ego. Währenddessen ist Villa
erfolgreicher. Die Erdlinge wehren sich mit nur unzureichenden Mitteln
gegen die scheinbar nicht mehr aufzuhaltende Invasion. Villa gibt
sich der Presse gegenüber als Sieger. Doch auf der Erde gibt
es immer noch ein standhaftes Häuflein, das sich gegen die
Invasion wehrt. Cliff führt mit seiner Mannschaft nach seinem
Kurz-Urlaub endlich seinen Plan zur Zerstörung der Nova aus
und setzt die Wunderwaffe Overkill ein. Ordonanzleutnant Spring-Brauner
bleibt es überlassen die gute Nachricht zu überbringen
"Lichtspruch von Jupiter-Aussen-4, es muß eine irrsinnige
Explosion stattgefunden haben." Die Erde ist damit gerettet!
"Das ganze war doch wohl ein böser Traum." mutmaßt
Hasso. "Viel schlimmer, bestätigt Atan "das war Sience
Fiction!
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