"Hotter
than Bond" - Shaft und das Drogenkartell
Shaft - das bedeutet die toughe Coolness eines Philipp Marlowe
gepaart mit der brutalen Action von Bullit und dem prickelnden Sexappeal
des Saturday Night Fevers - das Ganze untermalt mit RareSoul und DeepFunk in
Black! Ersten Kontakt hatte ich mit John Shaft in der legendären
Egon Bar im Münchner Lehel, als eines fortgeschrittenen Abends
irgendwann Anfang der Neunziger der DJ Isaac Hayes` Kulthit "John
Shaft" in der 1972er-Vocalversion von Sammy Davis Jr. auflegte.
Spätestens nach dem Erscheinen dieses Songs auf dem zweiten Dancefloor Jazz
- Samplers des Mojo Clubs hatte das trashige Phänomen
der Blaxploitation-Kultur der 1970er Jahre die kleinen, aber feinen
Clubs der 1990er Jahre erreicht. So traf (und trifft) man sich im zu engen Siebzger-Outfit
z.B.
im Atomic Cafe zu Superflo Kellers Blackbeat Schuppen - fernab der großen, lauten Techno
und Drum & Bass Hallen.
Bester cineastischer Ausdruck dieses Lebensgefühls meiner Jugend im Münchner
Nachtleben war Pulp Fiction (1995) von Quentin Tarantino. Auch wenn dieser Film nicht ganz
an die echten, wilden Blaxploitation-Streifen heranreicht, ist der
Soundtrack ein absolutes Muß in jedem Plattenschrank. Mit John Shaft führte Ernest Tidyman (1928 - 1984) nach
Dashiell Hammett und Raymond Chandler das Genre der amerikanischen Krimis zu einem neuen Höhepunkt:
Erstmals drang ein schwarzer Privatdetektiv in den unübersichtlichen Krimi-Mainstream
der unzähligen Groschenhefte und B-Movies vor und brachte mit seinen
abgebrühten Abenteuern die Szene zum Brodeln.* Dabei spielte Tidyman nicht einfach mit
dem Klischee "schwarz - weiß", sondern schuf einen Charakter, der auf "eine
verdammt trotzige Art schwarz" ist: Einen freien, starken und selbstbewußten Mann, der
keinen Zweifel daran läßt, für das Gute zu kämpfen. Teilweise brutal und unbarmherzig
verfolgt
der Detektiv seine eigenen Gesetze und wird dadurch zu einer Persönlichkeit, wenn auch mit gebrochenem
Charakter. Gerade weil er weder die Rolle des Helden, noch des guten oder bösen
Schwarzen oder gar des Opfers weißer Appartheit bedient, wurde John Shaft, spätestens
seit er 1971 das Licht der Leinwand erblickt hatte**, zur Kultfigur mehrerer Generationen.
Nach einem enttäuschenden Filmremake 2000 mit Samuel L.
Jackson in der Hauptrolle begann Shaft Anfang 2003 mit seim
actionreichen Kampf gegen das
"Drogenkartell" den boomenden Hörspielmarkt zu erobern, denn der
SWR hat die
Rechte der ersten sieben Romane erworben und wird sie bis Anfang 2007
sukzessive
als Hörspiele inszenieren.*** "Shafts Schritt war locker und entspannt" - der gespannte
Hörer trifft den coolen Shaft, hervorragend gesprochen von der deutschen Synchronstimme Samuel L. Jacksons aus der
gleichnamigen Verfilmung, in seinem ersten Hörspielabenteuer
im Morgengrauen irgendwo in den New Yorker Straßenschluchten. Mit der "energischen
Anmut eines harten muskulösen Mannes, der nie sein Gleichgelicht verliert" ist er nach
einem One-Night-Stand auf den Weg zu seiner Wohnung im Greenwich Village: "Echt irre, die
Kleine - irrsinnig schön und total crazy." In seiner Wohnung erwartet Shaft
hingegen die brutale Realität
des Molochs New York (bevor es von Rudy Giuliani zwei Jahrzehnte
später "befriedet" wurde) und seines Metiers,
denn zwei Schläger
versuchen, ihn zu überfallen. Doch dem harten schwarzen Mann gelingt es mühelos, beide Gangster zu überwältigen
- nach wenigen Szenen ist die Kultfigur klar entworfen, mit starken,
aber etwas grobschlächtigen
Konturen. Auch das Handlungsgerüst ist schnell umrissen, nachdem Shaft seine
Gegner mit dem ihm eigenen Charme zum Reden gebracht hat - den einen
"schwarzen Hurensohn" warf er kurzerhand aus dem Fenster
im 20. Stock, um die Zunge des anderen zu lösen. Knocks Persons, der Gangsterboss
von Harlem, möchte den Schnüffler beauftragen, seine Tochter Beatrice
zu suchen. Es ist nicht ganz klar, was gespielt wird - ist die Tochter aus Wut auf den Vater
untergetaucht oder haben Entführer die Hände im Spiel? Kaum hat Shaft mit seinen
Ermittlungen begonnen, befindet er sich auch schon in den Machtkämpfen der New Yorker Unterwelt.
Zugleich beauftragt ihn Inspektor Anderozzi damit, Hinweisen auf Rassenunruhen in Harlem
nachzugehen..., ein gefährliches Abenteuer beginnt und Shaft sorgt unerbittlich
dafür, daß
das Gleichgewicht zwischen Gut und Böse nach seinen Gesetzen wiederhergestellt wird.
Insgesamt kann die Hörspielbearbeitung des ersten Shaft-Romans
von Leonhard Koppelmann überzeugen. Mit den durchwegs hervorragenden Sprechern ist
unter der Regie von Annette Kurth ein flott erzählter Krimi entstanden, der den
Vergleich mit den Filmfassungen aus den 70er Jahren nicht scheuen muß - entscheidend dazu
beigetragen hat zudem die soulige Hintergrundmusik von Johann Daansen!
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* Shaft war aber nicht der erste schwarze Privatdetektiv, denn
Ed Lacy schrieb eine Serie über einen schwarzen Schnüffler namens Toussaint Moore.
** "Shaft", der erste Streifen von drei Filmen, wurde
zum internationalen Kassenschlager und zu einem der erfolgreichsten Filme des Jahres 1971 und rettete
dadurch die ökonomisch ins Strudeln geratene Produktionsfirma MGM vor dem Konkurs.
*** Das SWR2 Hörkino präsentiert am Sonntag, den 26.9.2004,
11.00 Uhr, unter dem Titel "Shaft und die sieben Rabbiner" die Uraufführung
die neueste Vertonung des Blaxploitation-Klassikers "John Shaft" in den
Friedrichsbau-Lichtspielen, Kaiser-Joseph-Straße 270, 79098 Freiburg (Eintritt: 4 Euro,
für SWR2 RadioClub-Mitglieder 3 Euro), die Ursendung in SWR2 findet am 23. Oktober 2004, 23.05
Uhr, statt. Mehr
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